Manche Dinge werden schlicht dadurch attraktiver, dass die Alternativen dazu immer mehr an Reiz verlieren. Auch in der Absicherung der Arbeitskraft mausern sich Notlösungen zur bevorzugten Wahl, da die Berufsunfähigkeits-Versicherung für viele Berufsgruppen schlicht nicht mehr bezahlbar ist. Darüber hinaus ist die Skepsis der Kunden gegenüber der Leistungsbereitschaft der Anbieter wohl bei keinem zweiten Versicherungsprodukt größer als beim BU-Schutz. Die Absicherung von schweren Krankheiten, wie z.B. der ErnstfallSchutz der Nürnberger, ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil der BU-Versicherung.

Bedarf bei schwerer Krankheit ist erkennbar

Zum einen ist der Bedarf offensichtlich. Während es immer wieder Kunden gibt, die die Bedrohung einer Berufsunfähigkeit nicht erkennen, wird man niemanden finden, der für sich ausschließen kann, an Krebs zu erkranken.

Andererseits ist der Leistungsauslöser verglichen mit der Berufsunfähigkeit leicht erklärt und darüber hinaus auch objektiv überprüfbar, so dass Streitigkeiten im Leistungsfall an sich ausgeschlossen sein müssten. Aber halt nur an sich…

Es ist also nachvollziehbar, dass die Nürnberger Lebensversicherung AG dem Trend der letzten Jahre folgt und mit dem ErnstfallSchutz Mitte Februar eine eigenständige Dread-Disease-Police auf den Markt gebracht hat.

ErnstfallSchutz nicht nur für Keyperson

Während der Markt das Produkt bisher hauptsächlich als „Keyperson“-Absicherung für wichtige Fach- und Führungskräfte bewirbt, versucht die Nürnberger den ErnstfallSchutz mehr in der gesellschaftlichen Mitte zu platzieren.

Der Versicherer bewirbt den ErnstfallSchutz damit, dass der Kunde mit der versicherten Summe Chancen auf hochwertige medizinische Behandlung nutzen könne, ohne auf die Beschränkungen der gesetzlichen oder die Bedingungen der privaten Krankenversicherung achten zu müssen. Außerdem könne der Versicherte sein Weiterleben in den eigenen vier Wänden durch Umbaumaßnahmen finanzieren und darüber hinaus die Angehörigen durch die Abzahlung von Krediten finanziell absichern.

Großer Vorteil durch klassische Kalkulation in der Dread-Disease

Neben diesem Marketingansatz hält der Tarif  auch Besonderheiten in der Leistung, aber vor allem in der Kalkulation vor. Der ErnstfallSchutz ist erst der zweite Tarif dieser Art am Markt, der wie eine klassische Lebensversicherung kalkuliert ist.

Die meisten Dread-Disease-Policen funktionieren auf Fondsbasis und kalkulieren mit sechs Prozent Rendite oder mehr – was teilweise zu Kürzungen im Leistungsfall oder sogar Nachschuss-Verpflichtungen führen kann. Dagegen rechnet die Nürnberger mit einem Brutto- und einem Nettobeitrag sowie einem Höchstrechnungszins von 1,25 Prozent.

Teilleistungen bei mittelschweren Erkrankungen

Der ErnstfallSchutz leistet – wenn nach Diagnose der Krankheit 14 Tage überlebt werden – bei 50 versicherten Krankheiten die volle Versicherungssumme und bei vier dieser Auslöser eine Teilsumme. Bei geringeren Anforderungen an den Leistungsauslöser würden 50 Prozent beziehungsweise maximal 25.000 Euro ausbezahlt. Diese Teilsumme würde immer angerechnet werden, sollte sich die Krankheit verschlimmern und eine volle Leistung auslösen.

Die vier Krankheiten mit Teilleistung sind Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall und Multiple Sklerose. Bei einer Krebserkrankung würde beispielsweise schon eine Teilleistung fällig, wenn eine operative Totalentfernung des Tumors notwendig wäre. Die volle Leistung würde ausbezahlt, wenn eine Chemotherapie notwendig wäre.

Diagnosezeitpunkt ist Leistungsfall bei der Nürnberger

Bemerkenswert ist, dass der Diagnosezeitpunkt entscheidet ist und nicht der Eintritt der Erkrankung. Das kann im Zweifelsfall Rechtsstreitigkeiten vermeiden helfen, wenn es um die Erfüllung von Wartezeiten geht.

In der „Premium“-Variante sind zusätzlich Assistance-Leistungen und eine „SofortHilfe“ vor Ablauf der 14-tägigen Karenzzeit in Höhe von maximal 5.000 Euro möglich. Die „SofortHilfe“ würde auf Teil- oder Vollleistung angerechnet. Mehr als 100 Prozent der versicherten Summe sind also nicht erreichbar.

Zweimal Leistung ist möglich in der Premium-Variante

Außerdem ist in der „Premium“-Variante der sogenannte „ZweitSchutz“ versichert. Dadurch würden nach Ablauf von sechs Monaten ein zweites Mal 100 Prozent der versicherten Summe bei einer weiteren Erkrankung geleistet. Diese neue Krankheit darf nicht dieselbe sein und auch nicht zur selben Gruppe der Erkrankungen gehören.

Die Nürnberger unterscheidet hier nach Krebs, Erkrankungen des Herzens, Erkrankungen innerer Organe (außer Herz), Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems, Verletzungen, Erkrankungen des Blutes und Infektionen, Verlust von Fähigkeiten und Koma.

Nach dem ersten Leistungsfall sind in jedem Fall Organtransplantationen, HIV, Koma und Pflegebedürftigkeit ausgeschlossen. Die Todesfallsumme sinkt auf 5.000 Euro. Diese Begrenzungen sind aus kalkulatorischer Sicht durchaus sinnvoll, um das finanzielle Risiko des Versicherers zu begrenzen. Und man mag sich auch nicht vorstellen, dass ein Kunde tatsächlich zwei Mal Leistung aus dem Vertrag in Anspruch nehmen muss.

Kinder automatisch mitversichert

Noch weniger mag man sich vorstellen, dass den eigenen Kindern derartiges zustößt. Allerdings ist im ErnstfallSchutz, wie in diesen Produkten üblich, jedes leibliche und adoptierte Kind bis zum 18. Lebensjahr mitversichert. Für vorhandene Kinder gilt eine Wartezeit von sechs Monaten, neugeborene sind ab Geburt mitversichert. Bei diesen sind allerdings hier pränatal diagnostizierte Erkrankungen ausgeschlossen.

Für Kinder sind acht zusätzliche Krankheiten mitversichert. Maximale Leistungssumme bei Eintritt einer der dann insgesamt 58 schweren Krankheiten sind 35.000 Euro beziehungsweise 5.000 Euro bei Tod. In Summe ist die Leistung für alle Kinder auf 50 Prozent der versicherten Summe begrenzt. Doch man mag keinem Menschen wünschen, je an diese Grenze zu stoßen.

Unterm Strich

Alles in allem betrachtet, muss sich der ErnstfallSchutz am Markt nicht verstecken. Die Kalkulation ist im Sinne der Kunden gestaltet und die Bedingungen sind gut verständlich, wenn man einmal das System von Sofort-, Teil- und Vollleistung begriffen hat.

Über die Wertigkeit der einzelnen Auslöser dürfen, wie bei allen Dread-Disease-Policen, Ärzte gerne streiten. Der durchschnittliche Vermittler wie auch der gewöhnliche Kunde dürften hier zu einer Wertung nur eingeschränkt imstande sein.