Man muss das Eisen schmieden, solange das Feuer heiß ist. Das wird sich der Versicherer aus Schwaben auch gedacht haben und bessert seine erst zum 01.01.2017 verbesserte Stuttgarter Berufsunfähigkeits-Versicherung gleich noch mal nach. Obwohl schon die letzte Version eigentlich keine Wünsche offen ließ.

Gut lesbare und sinnvoll strukturierte Bedingungen in der Stuttgarter Berufsunfähigkeits-Versicherung

Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind nach wie vor sehr übersichtlich strukturiert und gut lesbar. Im Gegensatz zu Bedingungstexten der Mitbewerber kommt der Text fast vollständig ohne ermüdende Wiederholungen aus.

Und ganz grundsätzlich verlässt einen beim Lesen nicht das Gefühl, dass hier jemand wirklich mitgedacht hat. Ein sehr schönes Beispiel, dass sich erst mit angeschaltetem Kopf zu voller Schönheit entfaltet, ist die Definition der Berufsunfähigkeit im Kontrast zur Definition der Arbeitsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit wird durch Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall ausgelöst. Die Arbeitsunfähigkeit kann bei der Stuttgarter nur durch Krankheit oder Körperverletzung ausgelöst werden. Wahrscheinlich alle Mitbewerber greifen an dieser Stelle zu der Tastenkombination Strg+C und Strg+V. Es ist in diesem Fall ja auch nichts Verwerfliches daran, den Kräfteverfall mit aufzuzählen.

Sehr gute AU-Klausel in der Stuttgarter Berufsunfähigkeits-Versicherung

Tatsächlich ist aber den Verfassern der AVB der BUV der Stuttgarter rechtzugeben. Denn selbstverständlich kann Kräfteverfall per Definition nicht vorübergehend, sondern nur dauerhaft sein, wenn er nicht durch eine Krankheit oder Körperverletzung ausgelöst wurde. Und somit kann der Kräfteverfall nicht zu einer vorübergehenden AU, sondern immer nur zu einer BU führen.

Die AU-Klausel ermöglicht einen vereinfachten Zugang zur Leistung, da eine gleichzeitige Beantragung der BU-Rente nicht verlangt wird. Die maximale Leistungsdauer beträgt allerdings nur 18 Monate. Ob das der Versicherer dann auch tatsächlich so begrenzen darf, sei dahingestellt. Er müsste auf jeden Fall ausführlich belehren, damit diese Befristung gültig bleibt.

Sehr gute Definition der Pflegebedürftigkeit

Was ebenfalls positiv auffällt ist die Definition der Leistung bei Pflegebedürftigkeit. Nur wenige Anbieter leisten bereits beim Verlust von einer von sechs sogenannten Activities of daily living. Das würde bedeuten, es würde schon eine Rentenzahlung fällig, wenn der Versicherte sich für sechs Monate nicht mehr alleine anziehen könnte. Das kann bei einem komplizierten Bruch beider Beine in Folge eines Motorradunfalls schon mal passieren. Bei vielen kaufmännischen Berufen läge eine BU nicht vor, da die Wegefähigkeit nicht zu berücksichtigen ist.

Strenggenommen, würde hier auch eine Leistung aus der AU-Klausel fällig. Aber wenn die 18 Monate aufgebraucht sind oder der Kunde die Variante ohne Klausel gewählt hat, die die Stuttgarter auch anbietet, wäre der Weg über die Pflegeleistung eine zweite Möglichkeit.

Kundenfreundliche Ausschlüsse

Sehr kundenfreundlich sind auch die Ausschlüsse definiert. Neu ist, dass Leistung bei Kriegsereignissen im Ausland fällig würde, wenn der Kunde nicht aktiv beteiligt war.

Der Verzicht auf den Ausschluss von vorsätzlichen Verkehrsdelikten erfreut sich unter Vermittlern einiger Beliebtheit. Wie relevant dieser Verzicht aber in der Praxis ist, lässt sich schwer einschätzen. Würde er häufiger zum Einsatz kommen, stellte sich umgekehrt die Frage, ob ein gewissenhafter Autofahrer in einem solchen Kollektiv tatsächlich gut aufgehoben wäre. Aber so ist es mit den meisten Klauseln. Was für den Einzelnen von Vorteil, ist für das Kollektiv oft nachteilig.

Auch der neu definierte Rückgriff auf den zuletzt ausgeübten Beruf selbst bei dauerhaftem Ausscheiden aus dem Berufsleben ohne zeitliche Begrenzung ist im Kundensinne zu begrüßen.

Verlängerungsoption bei Anpassung der Regelaltersgrenze der Deutschen Rentenversicherung

Mit einer Neuerung unterstreicht die Stuttgarter Berufsunfähigkeits-Versicherung aber deutlich den Anspruch, unter den freien Vermittlern zukünftig noch mehr als Biometrie-Versicherer ernst genommen zu werden. Die neu BUV bietet eine Anpassungsoption an, die es dem Kunden ermöglicht, den Vertrag zu verlängern, wenn die gesetzliche Regelaltersgrenze für den Rentenbezug nach hinten verschoben wird. Wenn der weiter oben angeschaltete Kopf noch an ist, ist es schwer zu verstehen, warum noch kein anderer Mitbewerber diese Möglichkeit anbietet. Die Angst vor einer Rente mit 70 ist bei den Kunden durchaus vorhanden, da ist es vertrieblich sinnvoll und auch im Sinne einer vorausschauenden Bedarfsdeckung notwendig, diese Option dem Kunden vorzustellen.

Technisch gesehen, ermöglicht es die Option, einen neuen Vertrag ohne Gesundheitsprüfung abzuschließen. Es ist gut, dass die Stuttgarter den Stein ins Rollen bringt. Im nächsten Schritt, darf die Stuttgarter Berufsunfähigkeits-Versicherung gerne auf eine erneute Risikoprüfung verzichten. Oder die Berechnung der Verlängerung zu den Rechnungsgrundlagen und dem Eintrittsalter vom Vertragsbeginn machen.

Die Option muss innerhalb von 6 Monaten nach einer Erhöhung der Regelaltersgrenze gezogen werden. Hier ist der Vermittler gefragt! Interessant für die Stuttgarter: In dem Fall müsste der Versicherer auch innerhalb der 6 Monate ein neuer Tarif mit längerer Leistungsdauer auf die Beine stellen.

Außerdem erlischt die Option mit Vollendung des 45. Lebensjahres, wenn der Vertrag beitragsfrei ist oder der Versicherte mal BU oder AU war.

Unterm Strich positioniert sich die Stuttgarter mit guten Ideen und intelligent verfassten AVB als ernstzunehmende Alternative zu den etablierten Biometrie-Anbietern im Markt. Der freie Vermittler sollte den schwäbischen Versicherer bei der Einkommenssicherung auf den Schirm nehmen.