Um die Höhe der versicherten Rente an den steigenden Lebensstandard anzupassen, können in der verschiedene Erhöhungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung einbauen: Beitragsdynamiken und Leistungsdynamiken. Eine alte Verkäuferweisheit lautet: „Je jünger man ist, desto wichtiger ist es, in seiner Berufsunfähigkeitsversicherung Dynamisierungen einzubauen.“ Ist das wirklich richtig? Finden wir es raus.

Sind Erhöhungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung immer sinnvoll?

Die Idee, die hinter jeder Art von Dynamik steckt, ist schnell erklärt. Der Versicherungsnehmer hat das Recht, seine Leistungen oder Beiträge innerhalb eines vorgegebenen Prozentsatzes regelmäßig zu erhöhen. Er kann von diesem Recht Gebrauch machen, muss es aber nicht. Diese Erhöhungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung sollen eine eventuelle Inflationsrate ausgleichen. Oder den steigenden Bedarf des Versicherungsnehmers, zum Beispiel durch Lohnerhöhungen, anpassen.

Dieses Anpassungsrecht erfordert, und das ist ein großer Vorteil, keine erneute gesundheitliche Risikoprüfung.

Garantierte Erhöhungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Gesundheitsprüfung

Betrachten wir zunächst die sogenannte Beitragsdynamik. Diese greift, solange der Versicherungsfall „Berufsunfähigkeit“ noch nicht eingetreten ist. Hier wird einfach der Beitrag, und damit dann dem neuen „Eintrittsalter“ entsprechend  auch die versicherte Leistung, dynamisiert. Abgesehen davon, dass im Laufe der Zeit die zu zahlenden Beiträge sehr hoch werden können, werden natürlich auch die versicherten Berufsunfähigkeitsrenten immer höher; es kann ohne weiteres sogar passieren, dass diese höher werden als das Einkommen des Versicherten. Manch ein Versicherer versucht die stetige Erhöhung der versicherten Rente durch bestimmte Begrenzungen in den Bedingungen zu regeln.

Dynamikbegrenzung durch das Alter

Das Recht auf Erhöhungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung erlischt nach einem bestimmten Zeitraum. Oder ab einem bestimmten Alter des Versicherten. Diese Regelungen sind teilweise sehr restriktiv und daher nicht zu empfehlen. Es kann sein, dass das Recht auf Dynamik sehr früh erlischt, so z.B. wenn es heißt, dass die Dynamik „10 Jahre nach Versicherungsbeginn“ oder „mit dem 45. Lebensjahr“ endet.

Eine andere Möglichkeit ist die Begrenzung der Rentenhöhe, die durch die Dynamiken erreicht werden dürfen. Hier ist eine oft genannte Grenze 30.000 € jährliche BU-Rente. Auf den ersten Blick und vor allem für Berufsanfänger ist das ja eine stattliche Summe. Aber manch Versicherungsnehmer schließt seine Berufsunfähigkeits-Versicherung über 40 oder fast 50 Jahre Laufzeit ab. In dieser Zeit wird eine Inflationsrate die Kaufkraft signifikant reduzieren:

Eine durchschnittliche Inflationsrate von 2 % vorausgesetzt, sind diese 30.000 € nach 20 Jahren nur noch 20.116 €, nach 30 Jahren noch 16.473 € und nach 40 Jahren gar nur noch 13.489 €, gemessen nach heutiger Kaufkraft, wert. Deshalb müsste der Versicherte zum Ausgleich eine Beitragsdynamik in Höhe von 2% in seinen Vertrag mit einschließen. Dann aber würde die versicherte BU-Rente nach 20 Jahren bereits 44.740 €, nach 30 Jahren 54.636 € und nach 40 Jahren gar 66.722 € betragen. Eine Summe, die dem Versicherer im Laufe der Zeit zu hoch werden könnte. So gibt es also Anbieter, die ihren Kunden ab einer bestimmten erreichten Rentenhöhe einfach weitere Erhöhungen untersagen.

Angemessenheit muss selbst gerechnet werden?

Weniger gut finden wir die Lösung, dass der Kunde bei jeder Dynamikerhöhung selbst nachrechnen muss, ob er die Dynamik annehmen darf oder nicht: „[…] übersteigt diese […] 70 % des Bruttoeinkommens im letzten Kalenderjahr, müssen Sie der Erhöhung widersprechen.“ Der Kunde hat also den schwarzen Peter. Was passiert, wenn der Kunde diese Berechnung nicht macht oder sich verrechnet? Dann „[…] sind wir grundsätzlich von der Verpflichtung zur Leistung aus dieser Erhöhung frei.“ Zwar erstattet der Versicherer die zu viel bezahlten Beiträge im Leistungsfall – sogar verzinst – zurück. Endet allerdings der Vertrag, ohne dass jemals Leistung beantragt wurde, findet seitens des Versicherers nie eine entsprechende Reduzierung und Rückzahlung statt. In diesem Fall würde der Versicherer Prämienteile vereinnahmen, für die er nie Leistungen erbringen würde.

Die beste Regelung für die Beitragsdynamik ist immer noch die, dass diese „[…] ein Jahr vor Ablauf der Beitragszahlung […]“ endet.

Diese Beispiele zeigen, dass sich die angebotenen Tarife teils sehr stark im Bereich der Dynamiken unterscheiden. Mag sich der geneigte Leser selbst ein Bild zu seinen favorisierten Tarifen machen. Der Einschluss einer Beitragsdynamik ist aber, schon als Inflationsausgleich sinnvoll und immer mit einzuschließen.

Risiko von Kapital trennen

Eine seit langem strapazierte Beratungsregel ist auch, dass man stets die Risikoabsicherung und den Kapitalaufbau trennen sollte. Ein Kombiprodukt, Kapitallebensversicherung mit eingeschlossener BU-Rente als BUZ, sei also nicht zu empfehlen. Zum einen, weil ein guten KLV-Anbieter im speziellen Fall kein optimaler BU-Anbieter ist. Oder zum anderen, weil man in Zeiten von Krankheit oder Arbeitslosigkeit weniger flexibel ist. Aber auch hier ist es so, wie mit allen Gemeinplätzen: keine Regel ohne Ausnahme. Mittlerweile bieten nämlich einige Versicherer eine Beitragsdynamik für die Hauptversicherung an, die auch oder gar erst im BU-Leistungsfall greift: wird der Versicherte berufsunfähig, dynamisiert sich die Hauptversicherung für die Zeit der BU (diese Form der Dynamik ist auch unter dem Begriff „Airbag“ bekannt). Wird ein junger Mensch lange Zeit berufsunfähig, dann ist das für ihn eine ideale Möglichkeit, sein benötigtes Vermögen fürs Alter aufzubauen, da eine Berufsunfähigkeit ja auch Auswirkungen auf die verdienten Ansprüch ein der gesetzlichen Rente hat.

Die verschiedenen Formen von Leistungsdynamiken

Last but not least: die Leistungsdynamiken. Hier gibt es zwei Arten zu unterscheiden: Leistungsdynamiken, die durch die Überschüsse entstehen können (und die daher nicht garantiert sind). Und die, die durch erhöhte Beiträge entstehen, dafür aber garantiert sind („garantierte Leistungsdynamiken“).

  • Leistungsdynamiken durch Überschüsse: Im Leistungsfall bezahlt die Beitragsbefreiung nicht den jeweiligen Netto-, sondern immer den Bruttobeitrag. Die entstehende Differenz schüttet der Versicherer nicht an den Versicherten aus, sondern er stellt damit eine Leistungsdynamik dar. Diese Dynamik kann es daher nur geben, wenn es Überschüsse gibt. Deshalb ist sie, ebenso wie die Überschüsse selbst, nicht garantiert.
  • Leistungsdynamiken durch erhöhte Beiträge: der Versicherer garantiert dem Versicherten eine Leistungsdynamik in Höhe eines vorgegebenen Prozentsatzes. Vollkommen unabhängig von den Überschüssen. Allerdings verlangen Versicherer für diese Garantie zusätzliche Beiträge, und die können mitunter richtig ins Geld gehen: ein Prozentpunkt garantierter Leistungsdynamik kostet um die 10 % mehr Beitrag.

Man beachte: will man Versicherer anhand der derzeitigen Höhe der Überschussdynamisierung vergleichen, darf nicht bloß der Prozentsatz verglichen werden. Der eine Versicherer bezieht den Prozentsatz immer auf die ursprüngliche BU-Rente, andere auf die Vorjahresrente. Und wieder andere auf die BU-Leistungshöhe (= Rente und Beitrag).

Fazit

Oft hört man, dass es umso sinnvoller sei, garantierte Leistungsdynamiken in den BU-Vertrag mit einzuschließen, je jünger der Versicherte sei. Das kann man so sehen, muss man aber nicht. Interne Statistiken der Versicherer zeigen, dass die durchschnittliche Leistungsdauer etwa vier Jahre beträgt.  Bei einer Inflationsrate von 2 % p.a. verliert man in vier Jahren 8,24 % Kaufkraft. Statistisch gesehen braucht man diese garantierte Dynamik also eher nicht. Allerdings interessiert die Statistik im Einzelfall überhaupt nicht. Wenn der Kunde also die Möglichkeit hat, eine schleichende Entwertung seiner BU-Rente durch einen kleinen Mehrbeitrag zu umgehen, dann sollte er das tun. Sofern es aber aus finanziellen Gründen in Erwägung gezogen wird, den Versicherungsschutz zu mindern durch Kürzung der Rentenhöhe, der Leistungsdauer oder des Umfangs, dann bietet sich hier eine sinnvolle Möglichkeit, bis zu 10% ohne ein außerordentlich hohes Risiko einsparen zu können.

Am Ende gilt wie immer: Der Vermittler hat zu beraten und der Kunde muss dann entscheiden, ob Erhöhungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung für ihn sinnvoll sind.