Der Versicherungsmakler ist stets bemüht, den gesamten Markt zu überblicken. Da das selbstverständlich nicht umfassend gelingen kann, wird in jeder Sparte eine vernünftige Auswahl „üblicher Verdächtiger“ getroffen. Darüber hinaus muss ich den Markt dann noch nach Besonderheiten erforschen. Dabei kann es durchaus passieren, dass ein Anbieter von Berufsunfähigkeits-Versicherungen wie die Provinzial Rheinland hinten runter fällt. Dabei sollte das Einkommenssicherungs-Produkt dieses Versicherers dem geneigten Makler bekannt sein. Die Berufsunfähigkeitsversicherung der Provinzial ist nämlich immer wieder unter den besten Versicherern bei Stiftung Warentest.

Wie gut ist die Berufsunfähigkeitsversicherung der Provinzial wirklich?

Grund genug, die Bedingungen genauer zu untersuchen. In diesem Fall sogar zwei Mal, denn so manches wirkt auf den ersten Blick verwirrend oder überflüssig, zeigt sich aber als sinnvoll oder zumindest klarstellend.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung der Provinzial leistet eine sogenannte Anfangshilfe von sechs Monatsrenten, wenn erstmals Leistung aus dem Vertrag bezahlt wird und diese durch eine der definierten schweren Krankheiten ausgelöst wird. Eine Leistung beim Eintritt schwerer Krankheiten ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Für den Kunden wäre aber unabhängig davon eine separate Absicherung in ausreichender Höhe sinnvoller. Außerdem zahlt er eine Wiedereingliederungshilfe von drei Monatsrenten, wenn der Versicherte mindestens zwei Jahre berufsunfähig war und die Leistung eingestellt wird, weil er wieder eine Arbeit aufnimmt.

Meldefrist von drei Jahren

Stelle ich den Antrag auf Leistung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung der Provinzial verspätet,  leistet der Versicherer innerhalb von drei Jahren ab dem Eintritt der BU. Wird die BU nach mehr als drei Jahren beantragt, wird ab Beginn des Monats der Anzeige geleistet. Allerdings würde für drei Jahre rückwirkend geleistet.

Die Regelung ist hinfällig, wenn der Kunde die Verspätung nicht schuldhaft zu verantworten hat. OK, aber Meldefristen sind in der BUV immer zum Nachteil des Kunden. Das findet sich so in keinem Top-Tarif.

Auffällig ist, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung der Provinzial bei der Definition der Berufsunfähigkeit den Prognosezeitraum deutlich vom fingierten Prognosezeitraum trennt. Das handhaben die wenigsten Anbieter so und es ist wohl Ansichtssache, ob dies einem besseren Verständnis dient.

Klarstellungen wollen dem Verständnis helfen

Der Hinweis, dass ein Berufswechsel nicht zu melden ist, dient aber wohl ausschließlich dem besseren Verständnis. Dem kundigen Leser ist dies ohnehin klar.

Die gleich Absicht verfolgt wohl die Ausführung, dass die Provinzial bei einem Berufswechsel innerhalb von 24 Monaten den alte Beruf prüfen kann, sofern die für die BU maßgebliche Einschränkung schon bei Berufswechsel bekannt war und der Berufswechsel erfolgte, um einen höheren Grad der Berufsunfähigkeit zu erreichen.

Eine eingebrachte BU wäre so oder so nicht versichert. Es würde in dem Fall auch bei jeder anderen BUV der zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Beruf geprüft werden. Und das war eben jener vor Eintritt der Einschränkung.

Aber dem Kunden kann dieser Passus vielleicht ein tieferes Verständnis der Funktionsweise der BUV vermitteln.

Wer böses denkt, könnte behaupten, die Provinzial gibt hier mit Selbstverständlichkeiten an.

Kleine Besonderheiten

Die Provinzial ist einer der wenigen Versicherer, die bei Bezug der vollen Erwerbsminderung allein aus medizinischen Gründen ohne weitere Voraussetzung, wie Restlaufzeit oder Alter des Versicherten, leisten. Update: Mittlerweile machen das deutlich mehr Versicherer.

Ebenfalls gefällt die Definition der Hausmänner. Das Führen des Haushaltes gilt als Beruf, solange nicht eine andere berufliche Tätigkeit aufgenommen wird. Und, was nur selten zu finden ist, sollte der Versicherte wieder die berufliche Tätigkeit aufgeben, wird wieder der Hausmann als Beruf geprüft.

Bei Schülern gibt es ein Problem in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Was sich der freie Vermittler zur Berufsunfähigkeits-Versicherung der Provinzial neben den positiven Aspekten merken muss, ist der Umstand, dass Schüler und Studenten zwar gut definiert sind, aber sich ein kleiner Fehler mit großer Wirkung eingeschlichen hat.

Hier ist zwingend eine Prognose von sechs Monaten erforderlich, um Leistung zu erhalten. Habe ich einen wohlwollenden Arzt, der mir selbst nach mehreren Jahren Berufsunfähigkeit immer wieder Besserung innerhalb der nächsten fünf Monate verspricht, habe ich keinen Anspruch auf Leistung. Es steht nicht festgeschrieben, dass bei einer tatsächlich sechs Monate vorliegenden BU die Fortdauer als dauerhafte BU gilt.

Anzunehmen ist, dass der Versicherer diesen Passus aus der allgemeinen Definition kopiert hat und dabei nicht bedacht hat, dass hier ja, wie oben erwähnt, der er den Prognosezeitraum vom fingierten Prognosezeitraum getrennt hat.

Nach fünf Jahren berechnet die Provinzial den Beitrag für Schüler und Studenten neu. Das führt laut Bedingungen zu einer Erhöhung. Das ist insoweit merkwürdig, da es ja auch durchaus bessere Berufsgruppen als Schüler und Studenten geben kann.

Interessante Lösung beim Beitrag von Schülern

An dieser Stelle lohnt es, sich genauer mit dem Produkt auseinanderzusetzen. Die Provinzial stuft Schüler grundsätzlich in Berufsgruppe 3 (das entspricht dem Mechatroniker) und Studenten in BG 2 (Büroangestellter) ein. In den ersten fünf Jahren werden beide aber in BG 1 eingestuft. Es handelt sich also um eine Art Starter-BUV. Nur das in diesem Fall der Schüler oder Student eine Höherstufung auch vermeiden kann.

Der Kunde kann nämlich einen Aufschub der Anpassung um zwei Jahre beantragen, sofern er zu dem Zeitpunkt noch Schüler oder Student wäre.

Nach dem ersten Aufschub darf ich drei Mal um ein weiteres Jahr verlängern.

Übe ich dann tatsächlich ein Beruf aus, darf ich meine BG überprüfen lassen. Bei dieser Berechnung mit dem tatsächlich ausgeübten Beruf wird nur dann die BG gewechselt, wenn es zu einem günstigeren Beitrag kommt.

Klargestellt ist, dass diese Besserstellung in BG 1 nur greift, wenn der zu Versichernde bei Abschluss der Versicherung Student oder Schüler ist. Und nicht, wenn er während der Vertragslaufzeit ein Studium aufnimmt.

Unterm Strich

Unterm Strich hebt sich die Berufsunfähigkeitsversicherung der Provinzial in manchen Punkten tatsächlich ein wenig vom Markt ab. Das bewertet Stiftung Warentest vielleicht ein Stück zu wohlwollend. Aber sie ist bestimmt in vielen Fällen eine gute Alternative.