Versicherungen sind schwer zu verstehen. Die Bedingungen sind wortwörtlich vielseitig und nicht immer einfach zu verstehen. Selbst die einzelnen Begriffe sind umständlich und kompliziert definiert. Berufsunfähig bedeutet beispielsweise, aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf, so wie er in gesunden Tagen ausgeführt wurde, nur noch zu 50% ausüben zu können oder nicht mehr in der Lage zu sein, ein vernünftiges Arbeitsergebnis zu erzielen. Was damit gemeint ist, erschließt sich nicht sofort. Und noch schwerer ist mein Bedarf an Arbeitskraftsicherung zu begreifen. Woher soll ich heute als gesunder Mensch auch wissen, worauf es mir im Falle einer Berufsunfähigkeit ankäme.

Tatsächlich sind die heute angebotenen Berufsunfähigkeits-Versicherungen an dem vermuteten Bedarf der Gesunden ausgerichtet. Kaufmännisch ist das vollkommen nachvollziehbar. Denn der Gesunde sichert ja seine Arbeitskraft ab. Wer schon eine braucht, bekommt keine mehr. Und wer dringend eine bräuchte, kann sie kaum bezahlen.

Arbeitskraftsicherung wird an Gesunde verkauft, sollte sich aber am Bedarf des Kranken orientieren

Weil der gesunde Kunde mit risikoarmen Berufen die Hauptzielgruppe bildet, verwundert es nicht, dass viele BU-Versicherungen voll von Zusatzleistungen sind, die im Leistungsfall eher uninteressant sind, sich aber gut verkaufen lassen. Dadurch werden die Tarife zur Absicherung der Arbeitskraft unnötig verteuert und für die vielen anderen Berufe nicht mehr bezahlbar. Die Berufsunfähigkeits-Versicherung muss aber für alle (oder wenigstens die meisten) zugänglich sein und im Leistungsfall eine echte Unterstützung bieten!

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Weg mit den Berufsgruppen in der Arbeitskraftsicherung?

Der einfachste Weg zu einer bezahlbaren BU für alle Berufe wäre der Weg zurück. Sprich: Weniger Berufsgruppen! Dadurch würden die Spitzen genommen. Berufsgruppe 1++ subventioniert Berufsgruppe 4-. Diese Variante ist leider unmöglich, sofern sie nicht politisch angeordnet wird. Ähnlich gerecht wäre eine Verknüpfung der Beitrags- und Rentenhöhe mit dem Einkommen, ist aber ebenso nicht vorstellbar. Das ist bedingt durch einfache marktwirtschaftliche Effekte. Die ersten Versicherer, die die BU gerechter gestalten wollten, würden sich einer negativen Risiko-Selektion aussetzen. Alle Vermittler würden höhere Berufsgruppen hier eindecken, aber die besseren Risiken zu günstigeren Konditionen bei einem anderen Versicherer. Das würde diese gerechten Tarife zur Arbeitskraftsicherung schnell kaputt machen.

Zeitliche Begrenzung der BU-Leistung

Es braucht also andere Ideen, um die BU bezahlbar zu gestalten, ohne den Schutz zu schwächen. Eine sinnvolle und bedarfsgerechte Lösung ist die temporäre BU. Die temporäre BU besteht aus einer BU und einer EU. Im Leistungsfall prüft der Versicherer 3 Jahre auf Berufsunfähigkeit. Danach muss eine Erwerbsunfähigkeit vorliegen, damit weiter geleistet wird.

Ich habe also vollen Versicherungsschutz auf Grundlage des Leistungsumfanges der BU-Bedingungen für die gesamte Laufzeit bei gewünschter Rentenhöhe für einen niedrigeren Beitrag. Ein großer Teil der Kosten entsteht dem Versicherer nämlich sofort bei Eintritt des Leistungsfalles, da er das Geld zurücklegen muss, das über die gesamte Leistungsdauer anfallen könnte. Diese Rückstellungen fallen bei einer zeitlich begrenzten BU logischerweise deutlich geringer aus.

Keine deutliche Verschlechterung für den Kunden

Und auch der Versicherte ginge kein deutlich erhöhtes Risiko ein. Denn die meisten BU-Fälle dauern nicht viel länger als 3 Jahre an. Und bei denen, die tatsächlich länger dauern, liegt häufig schon eine Erwerbsunfähigkeit vor, die wiederum ein Fortdauern der Leistungen auslösen würde. Diese Annahme wird durch den geringen Preisunterschied zwischen einer temporären BU-Versicherungen mit 3 und 5 Jahren Leistung  aufgrund von Berufsunfähigkeit. Tatsächlich ist selbst der Unterschied zu gewöhnlichen BU-Tarifen kaum der Rede wert. Da es derzeit gerade mal zwei Anbieter einer temporären BU gibt (Stand 2018: 0), findet sich beinahe jedes Mal ein preisgünstigerer „Voll-Tarif“. Mehr Anbieter würden keinesfalls schaden. Auch wäre Aufklärung unter den Vermittlern notwendig, da viele sich aus Haftungsgründen gegen die temporäre Absicherung der Berufsfähigkeit entscheiden. Dabei ist gerade der geringe Prämienunterschied ja auch ein Beweis dafür, dass die temporäre BU sehr stark am tatsächlichen Bedarf orientiert ist.

Die AU-Klausel

Dass die Idee der temporären BU eine gute ist, zeigt sich an der wachsenden Zahl von Anbietern einer sogenannten AU-Klausel, die ja auch nur temporär leistet; und zwar wenn Arbeitsunfähigkeit (AU) vorliegt. In den meisten Fällen sogar nur 18 Monate (Stand 2018: eher so 36).

Der Kunde und auch der Vermittler akzeptiert aber dieses befristete Anerkenntnis eher, da der Versicherte ja auch einen Nutzen daraus zieht. Er erhält Leistung bereits dann, wenn eine 50%ige BU noch nicht vorliegt, aber eine Krankschreibung für insgesamt 6 Monate. Der Versicherer könnte sich vorerst eine aufwendige Prüfung der vorvertraglichen Anzeigepflicht und zum Vorliegen eines versicherten Leistungsauslösers sparen. Das Risiko ist für ihn begrenzt; auf 18 Monate, um genau zu sein. Danach würde das Vorliegen einer bedingungsgemäßen BU sowieso geprüft werden, sofern die Krankheit oder das Gebrechen noch vorläge. Der Versicherer darf aber darauf hoffen, dass nach Ablauf der 18 Monate ein Vorliegen einer Berufsunfähigkeit nicht mehr zu prüfen ist. Würde man nämlich eine Befragung unter Menschen, die eine BU-Rente beziehen, durchführen, was ihr größter Wunsch ist, so wäre die Antwort höchstwahrscheinlich, wieder arbeiten zu können. Für einen Gesunden schwer vorstellbar.

Schnelle Leistung nimmt den Druck

Wer eine Leistung aufgrund einer Krankschreibung erhält, hat mindestens 18 Monate Zeit, um sich zu überlegen, wie es nun weitergehen soll. Finanziellen Druck gibt es zunächst nicht. In dieser komfortablen Situation kann ich mir überlegen, ob ich nicht eine längere Kur mache, um wieder fit zu werden. Oder was auch immer hilft, dass ich nicht mehr krank bin und wieder ganz normal leben kann. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass ich nicht tatsächlich längerfristig berufs- oder gar erwerbsunfähig bin. Aber in vielen Fällen wird es schon helfen, sich ohne Druck auf die eigene Gesundung konzentrieren zu können.

Rehamanagement als sinnvolle Lösung zur Arbeitskraftsicherung

Der Versicherer würde es selbstverständlich auch begrüßen, wenn der Versicherte wieder gesund wäre. Er muss dann ja keine Rente mehr bezahlen. Deswegen sollte jedes Versicherungs-Unternehmen das unterstützen und ihrem Kunden Rehabilitations-Maßnahmen oder geeignete Therapien finanzieren. Auch denkbar wären besondere Umschulung oder Fortbildungen. Das darf allerdings nur ein Angebot sein, das der Kunde auf seinen eigenen Wunsch hin in Anspruch nehmen darf.

Was zunächst finanziell und logistisch ein hoher Aufwand ist, könnte sich zu einer echten finanziellen Entlastung für den Versicherer entwickeln. Denn es gäbe immer weniger lange laufende BU-Fälle. Das hätte wiederum einen zusätzlichen positiven Effekt für den Kunden und auch einen für den Versicherer. Die Tarife könnten aufgrund der Ersparnis wieder kostengünstiger angeboten werden und somit auch wieder mehr Berufe Zugang zum Premium-Segment der Arbeitskraftsicherung erhalten. Und die Versicherer würden ein positives Image erhalten, da sie unkompliziert die Geldleistung erbracht haben und zusätzlich dem Kunden geholfen haben, wieder gesund zu werden.

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