Keine Verbraucherschützer-Broschüre zu Kapitalanlagen kommt heute ohne den Hinweis aus, dass für eine Investition in Investmentfonds bitte nur (!) ETFs in Frage kommen. Das wichtigste Argument ist hier die niedrige Kostenbelastung.

Klar, Kosten sind ein wesentliches Vergleichsinstrument, ohne Frage. Dennoch greift dieser Punkt als alleiniger Vergleichsmaßstab doch zu kurz. Würdest Du immer alles nur nach den Kosten, also dem Preis bewerten, dann dürftest Du nie höherwertigere Produkte kaufen. Denk mal an Sneakers, Handy, Kleidung, Pflegeprodukte, Autos oder Fahrräder… Bei allen Anschaffungen gibt es immer die Wahl zwischen billig und hochwertig. Und oft stellt sich die billige Variante dann als kein gutes Geschäft heraus.

Schauen wir uns die Idee hinter ETFs und die Argumente mal etwas genauer an:

Als Erfinder der ETF-Idee gilt die US-Investmentfirma Vanguard, die 1976 den ersten Indexfonds aufgelegt haben. „Suche nicht nach der Nadel. Kaufe einfach den ganzen Heuhaufen“ war damals der Grundgedanke von John Bogle, dem Chef von Vanguard. Ein mehr als nur nachvollziehbarer Gedanke. Denn wer hat schon eine Glaskugel und weiß welche Aktie, welches Unternehmen als nächstes zu den Gewinnern an der Börse zählt? Also hat Vanguard konzeptionell einfach der breite US-Aktienindex S&P 500 „geklont“. Dieselben Unternehmensaktien sind in einem ETF in der exakt gleichen Gewichtung dargestellt. Das war die Geburtsstunde der passiven Investmentstrategie. Plötzlich waren kein aktives Management und auch kein Research mehr nötig. Folgerichtig konnten nun diese Produkte viel billiger angeboten werden.

Soweit so gut und vor allem fast richtig. Wer sich mit Aktienanlagen auskennt weiß, dass bei einer entsprechenden Laufzeit von min. 5, besser 10 Jahren, die Wahrscheinlichkeit auf einen Wertzuwachs für das angelegte Vermögen sehr hoch ist. Im Grunde genügt also ein breit gestreuter, passiver Investmentfonds. Mit genügend Zeit und vor allem Geduld auf Anlegerseite, kann ich hier gut Gewinne erzielen. Genau hier liegt aber der berühmte „Hase im Pfeffer“.

Warum ist Geduld bei ETFs so wichtig?

Viele Privatanleger können mit sinkenden Kursen an der Börse nicht wirklich umgehen. Sehr oft passiert es, dass die Nervosität dann steigt und schnell verkauft wird um Verluste zu begrenzen. Ein Wiedereinstieg bei steigenden Kursen macht diesen Plan dann endgültig zu einem schlechten Geschäft. Wer sich für ETFs entscheidet, muss sich im Klaren darüber sein, dass in diesen Portfolios kein aktives Management stattfindet. Hier agieren keine Finanzexperten, sodass das Ersparte ungeschützt den Marktschwankungen ausgesetzt ist. Dafür brauch man starke Nerven und viel Geduld.

Die Produktkosten sind nicht alles

Für die Mehrkosten bei einem aktiv gemanagten Investmentfonds bekomme ich als Kunde ein vom Fondsmanager täglich aktiv überwachtes Wertpapier-Portfolio. Im übertragenen Sinne, kann ich hier also getrost mein Kind in die Obhut eines Kindergartens oder einer Schule geben mit dem guten Gefühl, dass sich hier aktiv um die Kinder gekümmert und mit ihnen gearbeitet wird. Ich kann als Anleger hier einen Teil meiner Verantwortung in gute und erfahrene Hände übergeben. Dass so etwas nicht kostenfrei zu bekommen ist, versteht sich von selbst.

Jetzt folgt auch gleich das nächste große Argument kommen. Denn am Ende springt bei einem aktiv gemanagten Fonds nicht unbedingt mehr raus als bei einem Vergleichsindex. Auch das kann in dem einen oder anderen Fall richtig sein! Wir müssen uns hier aber auch mit Details beschäftigen. Ein DAX-ETF als Beispiel, bildet den deutschen Aktienindex mit den 30 größten Aktienwerten unseres Landes ab. Die Performance des ETFs hängt von deren Entwicklung ab. Wollen wir jetzt einen Vergleich mit einem aktiv gemanagten Investmentfonds durchführen, müssen wir ein Vergleichsprodukt wählen, dass ebenfalls nur aus deutschen Blue-Chip-Aktien besteht und als reiner Aktienfonds keine anderen Anlageklassen einsetzt. Nur dann können wir die erzielten Renditen wirklich vergleichen!

Was sind die Vorteile von vermögensverwaltenden Fonds?

Geht es aber um aktiv gemanagte, vermögensverwaltende Investmentfonds, die neben Aktien auch Anleihen, Rohstoffe oder sogar „Cash“ zur gezielteren Streuung nutzen, dann  stellen sich noch andere Fragen, wie z.B.: Mit welchem Risiko (Schwankungsbreite) habe ich meine Rendite erzielt? Dieses Verhältnis zueinander wird auch als Sharpe-Ratio bezeichnet. Anders ausgedrückt: Wenn ein aktiv gemanagter Investmentfonds z.B. 5% p.a. Wertzuwachs erzielt hat in einer Zeit, in welcher der DAX um 8% p.a. gestiegen ist, dann ist das eine Betrachtung und die Beurteilung ist klar. Eine andere Betrachtung ergibt sich aber, wenn der aktive Fondsmanager für seine Rendite nur eine Drittel der Schwankungsbreite des DAX gebraucht hat: Als Kunde konnte ich also viel ruhiger und entspannter den Wertzuwachs erreichen!

Warum ist diese Betrachtung gerade in der heutigen Marktphase so wichtig: Die letzten 10 Jahre nach der Finanzmarktkrise waren keine wirkliche Herausforderung. Immer weiter sinkende Zinsen und damit quasi keine Anlagealternativen, immer mehr Geld seitens der Zentralbanken, ergab in der Folge die längste Hausse der Börsengeschichte. Die Börse kannte nur eine Richtung, davon haben ETFs natürlich profitiert.

Doch jetzt haben wir eine andere Zeit! In turbulenten Marktphasen kommt es umso mehr auf gute „Steuermänner“ an, die sich verantwortungsvoll um Vermögen kümmern. Hier gilt der Grundsatz: Es gibt keine „eierlegende Wollmilchsau“ die alles kann – aber es gibt für jeden Kunden eine passende Anlagestrategie, die zu seinen persönlichen Risikoneigungen und Renditeerwartungen passt. Hier können sowohl ETFs als auch aktiv gemanagte Fonds zur Lösung beitragen – am Ende zählt doch nur, was unterm Strich an Mehrwert rauskommt. Und wie gut deckt meine Vermögensentwicklung meine persönliche Erwartungshaltung.

Finanzberatung ist mehr als nur das Eigenstudium kostenfreier Newsletter oder Verbraucherschützer-Broschüren, es ist Experten-Know-how auf das kein Anleger verzichten sollte.