Die Teilzeit-Klausel in der Berufsunfähigkeits-Versicherung ist ein Versuch, neue Arbeitsmodelle zu berücksichtigen. Ich will mal erklären, wie sie funktioniert, was die Absicht ist, was manche kritisieren und ob die Kritik berechtigt ist.

Wieso braucht es die Teilzeit-Klausel in der Berufsunfähigkeits-Versicherung?

Berufsunfähig ist, wer seinem Beruf, so wie er ihn zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt hat, nur noch zu 50% ausüben kann. Vereinfacht gesprochen bedeutet das, wer vorher 8 Stunden gearbeitet hat und jetzt wegen einer gesundheitlichen Einschränkung nur noch 4 Stunden arbeiten kann, ist berufsunfähig. In echt ist die Prüfung deutlich komplexer. Denn ich muss die einzelnen Tätigkeiten verschieden gewichten. Das bedeutet, wenn eine Tätigkeit für ein sinnvolles Arbeitsergebnis besonders prägend ist und diese dann aufgrund einer Einschränkung nicht mehr ausführbar ist, kann es je nach Erkrankung und Grad der Prägung egal sein, ob ich 8 oder 4 Stunden arbeite.

Im Umkehrschluss heißt das aber, dass es auch durchaus vorkommen kann, dass die Dauer der Tätigkeit tatsächlich einen Einfluss auf den BU-Grad hat. Also ist es schon mal nicht schlecht, die Teilzeit-Klausel in der Berufsunfähigkeits-Versicherung zu haben.

Denn eine Teilzeitkraft zahlt den gleichen Beitrag wie eine Vollzeitkraft. Und das, obwohl der Schutz unter Umständen deutlich schwächer sein kann. Das ist nicht gerecht!

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Wie funktioniert die Teilzeit-Klausel in der Berufsunfähigkeits-Versicherung?

Die Teilzeit-Klausel stellt eine Teilzeitkraft in der Leistungsprüfung so, als würde sie gerade Vollzeit arbeiten. Allerdings muss der Kunde mindestens einmal während der Vertragslaufzeit Vollzeit gearbeitet haben. Oder eigentlich nicht mal das. Es wird die längste tägliche Arbeitszeit zugrunde gelegt, die sich nachweisen lässt. Wörtlich heißt es in der Teilzeit-Klausel:

„Reduziert die versicherte Person während der Versicherungsdauer ihre vertraglich oder gesetzlich fixierte wöchentliche Arbeitszeit, bleibt für die Beurteilung einer Berufsunfähigkeit die während der
Versicherungsdauer höchste vertraglich oder gesetzlich fixierte wöchentliche Arbeitszeit maßgebend (Teilzeitklausel). Nachweise über die jeweiligen Arbeitszeiten sind uns vorzulegen. Entsprechendes
gilt, wenn die Arbeitszeitreduktion vom Arbeitgeber angeordnet wird (z. B. Kurzarbeit).“

Der Versicherte kann über diese Klausel nur besser gestellt werden. Im schlimmsten Fall gelingt der Nachweis nicht und alles ist so, als gäbe es die Klausel nicht.

Die Absicht der Klausel ist aber die Besserstellung. Deshalb ist auch davon auszugehen, dass der Versicherer sie wohlwollend auslegt.

Nur für den Versicherer könnte es problematisch sein, dass nicht geregelt ist, wie lange während der Vertragsdauer die höchste vertraglich fixierte Arbeitszeit gegolten haben muss. Ich persönlich denke, dass die erhöhte Arbeitszeit die Lebensstellung geprägt haben muss, weshalb es eher ein paar Monate als ein paar Tage sein muss.

Was ist die Kritik an der Teilzeit-Klausel in der Berufsunfähigkeits-Versicherung?

An dieser Stelle ist die Klausel aber unklar und deshalb muss es sich nach § 305c (2) BGB der Versicherer gefallen lassen, wenn der Versicherte es anders versteht. Die Kritik, die Klausel sei unklar ist also grundsätzlich berechtigt. Es entsteht dem Kunden daraus aber eher ein Vorteil.

Eine weitere Kritik meint, es wäre besser, die Klausel müsste auch für die Kunden gelten, die bei Abschluss und über die gesamte Laufzeit Teilzeit-Kräfte sind. Das ist vor dem Hintergrund, dass die ja auch die gleiche Prämie zahlen, durchaus gerechtfertigt.

Allerdings gibt es da zu viele Probleme, die ich auch noch nicht alle zu Ende denken konnte. Problematisch ist z.B., dass die Vollzeitstelle in diesem Fall abstrakt auszugestalten wäre. Da sehe ich großes Konfliktpotential.

Auch könnte es dadurch wieder zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den Vollzeitkräften kommen. Vor allem, wenn jemand zwei Teilzeit-Jobs hat. Wie sollte das dann zu prüfen sein? Auf 16 Stunden täglich? Das kann nicht sein. Es bleibt abzuwarten, ob sich ein Versicherer das traut. Und auch, ob das in der Praxis relevant ist.

Ein Kritikpunkt bezieht sich auf den § 172 VVG. Angeblich ist die Teilzeit-Klausel in der Berufsunfähigkeits-Versicherung ungültig, weil es im VVG eindeutig um den zuletzt ausgeübten Beruf geht. Wenn wir aber davon ausgehen, dass die Klausel KEINE Benachteiligung des Versicherungsnehmers ist, ist die Klausel nach § 175 VVG zulässig. Und das positive Abweichungen möglich sind, haben schon der verkürzte Prognosezeitraum und die Fiktion gezeigt.

Unterm Strich

Die Teilzeit-Klausel ist ein Schritt in die richtige Richtung. Teilzeit-Kräfte sind derzeit im Nachteil. Die erste Klausel muss sicher noch durch das heiße Feuer der Rechtsprechung fertig geschmiedet werden. Welche Probleme in der Auslegung auftreten, werden die ersten Fälle aus der Praxis zeigen. Momentane Unklarheiten gehen auf die Kappe des Versicherers, weshalb ich das zunächst entspannt beobachte.

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