Alle biometrischen Risiken bezeichnen den Verlust einer Fähigkeit. Die Berufsunfähigkeit ist z.B. der Verlust der Fähigkeit, seinen Beruf zu mindestens 50% ausführen zu können.  Und die Pflegebedürftigkeit ist der Verlust der Fähigkeit, ohne fremde Hilfe den Alltag bewältigen zu können.

Die Langlebigkeit wird erst seit Kurzem als biometrisches Risiko angesehen. Und das obwohl es mit zu den ältesten Versicherungsbedürfnissen gehört, den Geldbedarf eines einzelnen, der länger lebt als der Durchschnitt, über eine Versichertengemeinschaft abzufangen. Langlebigkeit ist somit der Verlust der Fähigkeit, mit dem eigenen Ersparten auch im Alter seinen Lebensunterhalt sicherzustellen.

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Die Rentenversicherung ist keine Geldanlage mehr

Dass die Lebensversicherung lange eher als Geldanlage gesehen wurde, liegt daran, dass sie das auch bis vor einigen Jahren war. Bei garantierten Zinsen von 4% und Rendite inkl. Überschüssen von 9% war insbesondere die Lebensversicherung auch sicherlich nichts anderes gewesen. Auch Rentenversicherungen wurde früher meist unter dem Aspekt der Rendite abgeschlossen.

Aber in einem Niedrigzinsumfeld, tritt der ursprüngliche Charakter der Rentenversicherung wieder mehr in den Vordergrund. Hierbei handelt es sich um ein Phänomen, dass es so noch nie in der Geschichte der Menschheit gab. Die immer stärker zunehmende Überalterung unserer Gesellschaft, auch Demografie genannt. Die gesetzlichen Systeme, die umlagefinanziert sind, können ein lebenslanges Grundeinkommen deshalb nicht mehr sicherstellen.

Rendite steht im Vordergrund

Leider steht bei den Kunden aber immer noch die Rendite im Vordergrund. Deshalb ist es für Versicherungsunternehmen aus vertrieblicher Sicht unverzichtbar, hohe Gewinne zu generieren. Da ein großer Kostenfaktor in der lebenslangen Altersversorgung die ausgelobten Garantien sind, werden von einigen Unternehmen neue Garantie-Modelle angeboten. Diese verdeutlichen aber letztlich die Verschiebung der Gewichtung von einem Biometrie-Produkt hin zu einer Geldanlage.

Die Komfort-Dynamik der Allianz: Keine Risikoübernahme durch den Versicherer

Auch die neue Renten-Versicherung Komfort-Dynamik der Allianz dient in erster Linie der Kapitalbildung als der finanziellen Absicherung des Langlebigkeits-Risikos. Udo Kraus, Geschäftsführer der SCIMUS Pensionsmanagement GmbH und anerkannter Experte für Altersversorgung fasst die Problematik des Produkts für den Kunden sehr treffend zusammen: „Nicht akzeptabel ist die Tatsache, dass die Verrentungskonditionen, wie das auch bereits bei IndexSelect und Perspektive der Fall ist, nicht garantiert sind. Der Kunde trägt somit nicht nur das Risiko der Kapitalanlage, sondern im Wesentlichen auch noch das Risiko der  Langlebigkeitsentwicklung und das Rechnungszinsrisiko.“

Unter dem Paragrafen 1.4 erklärt die Allianz in den Bedingungen, welche Rechnungsgrundlagen gelten.

Für die Berechnung der MINDESTRENTE (und nur hierfür) gelten bei der Komfort-Dynamik der Allianz der bei Vertragsabschluss gültige Höchstrechnungszins von 1,25% und die unternehmenseigene Sterbetafel.

Rentenfaktor gilt nur für die Mindestrente bei der Komfort-Dynamik der Allianz

Schon bei Zuzahlungen und in anderen, nicht näher bezeichneten Fällen, gelten zwar grundsätzlich auch die Rechnungsgrundlagen vom Vertragsbeginn. Haben sich die Rechnungsgrundlagen aber geändert, kann die Allianz auch diese verwenden. Und ändern sich die Berechnungsgrundlagen ein weiteres Mal, darf die Allianz sich aussuchen, ob sie die neuen Rechnungsgrundlagen nimmt, die von der letzten Erhöhung oder die von Vertragsbeginn.

Es bedarf nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, welches Werkzeug sich der Versicherer hier in den Bedingungen der Komfort-Dynamik der Allianz an die Hand geschrieben hat. Und wegen der ungenauen Definition muss davon ausgegangen werden, dass diese Regelung für jede Dynamik gilt, da diese ja nicht zu einer Erhöhung der garantierten Mindestrente führt. Nur diese ist garantiert zu den Rechnungsgrundlagen bei Vertragsbeginn.

Rechnungsgrundlagen werden bei der Komfort-Dynamik der Allianz neu berechnet

Die Rechnungsgrundlagen bei Rentenbeginn beziehen sich bei der Komfort-Dynamik der Allianz auf den Rechnungszins und die Sterbetafel, die das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt für sofort beginnende Renten benutzt. An dieser Stelle weist auch Udo Kraus sehr richtig darauf hin, dass die Allianz hier nicht mehr von einem Höchstrechnungszins spricht, sondern eben von dem, den das Unternehmen für eine neu abzuschließende vergleichbare Rentenversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung gelten.

Sollte der Versicherer zu diesem Zeitpunkt einen geringeren Zins unterstellen und eine höhere Lebenserwartung annehmen als zu Beginn der Versicherung, kann das Ergebnis auch bei deutlich mehr angespartem Kapital zu einer geringeren Rente führen als die zu Beginn garantierte Mindestrente.  Und somit wäre von der Allianz nur diese zu zahlen. Dies ist auch eindeutig in den Vorschlagsberechnungen nachzulesen.

Wie ist die Komfort-Dynamik der Allianz zu vermitteln?

Hier ergeben sich für den Vermittler zwei Probleme.

  1. Erkläre ich diesen Sachverhalt dem Kunden vor Abschluss, habe ich wahrscheinlich nur wenig Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss. Für dieses Problem hätte der Makler und Mehrfachagent aber eine Lösung. Es gibt immer noch Versicherungsunternehmen mit hart garantierten Verrentungskonditionen.
  2. Das größere Problem habe ich als Makler allerdings, wenn ich den Kunden nicht vor Vertragsbeginn aufkläre. Dann muss ich bei Rentenbeginn erklären, dass das Kapital zwar deutlich mehr wurde, aber die Rente nicht. Es bleibt insgesamt zu prüfen, ob der ausdrückliche Hinweis in den Bedingungen, dass eine Erhöhung des Garantie-Kapitals durch Sicherungsmechanismen des Produktes nicht zu einer Erhöhung der garantierten Rente führe, für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer überraschend ist oder nicht.

Unter dem Absatz 3b) des Paragrafen 1.4 macht die Allianz klar, warum sie den zu Rentenbeginn garantierten Rentenfaktor bewusst auf die garantierte Mindestrente begrenzt. Hier schreibt das Unternehmen nämlich wörtlich, wenn es zu dem Zeitpunkt des Rentenbeginns keine vergleichbare sofort beginnende Rentenversicherung gebe, werde die Allianz einen Rentenfaktor festlegen, „der sicherstellt, dass wir dauerhaft unsere Verpflichtungen aus den Verträgen erfüllen können“.

Zahlungsfähigkeit des Versicherers steht im Vordergrund

Es geht also weniger um die Absicherung des Langlebigkeits-Risikos der Versicherten als vielmehr um das Überleben des Versicherers. Als Hintergrund kann hier wohl die neue aufsichtsrechtliche Regelung, genannt SOLVENCY II, angeführt werden. Als Verbraucherschutz konzipiert, sieht diese Regelung vor, dass ein Versicherungsunternehmen umso mehr Eigenkapital benötigt, je höher die Garantien bzw. Risiken sind, die es übernimmt. Und dazu zählen auch die Verrentungskonditionen.

Die unbestrittenen Vorteile der Komfort Dynamik dienen der Sicherung und Mehrung des Kapitals, dass bei Rentenbeginn zur Verfügung steht. Da dieses aber in seiner Masse begrenzt ist, wird es eventuell nicht bis ans Lebensende reichen. Dafür ist eine Rentenversicherung notwendig, deren ureigenes Merkmal es ist, dem Kunden schon bei Beginn ein Umrechnungsverhältnis zwischen dem vorhandenen Kapital und der daraus resultierenden Rente zu garantieren. Aufgabe des Versicherers ist es, zu kalkulieren, wie sich die Lebenserwartung entwickelt. So kann er sicherstellen, dass das Unternehmen auch leisten kann, was es dem Kunden versprochen hat.

Unterm Strich

Das grundsätzliche Konzept der Komfort-Dynamik der Allianz ist durchaus nachahmenswert. Es setzt mehr auf die Märkte. Und mit Umschichtungen und Ablaufmanagement sind mit relativ geringem Risiko relativ hohe Rendite möglich.

Allerdings ist das Produkt ohne einen garantierten Rentenfaktor kaum als Rentenversicherung zu bezeichnen.

Oder wie Udo Kraus es versinnbildlicht: „Synonym wäre das im Bereich der Sachversicherung so:

Sie schließen eine Feuerversicherung für Ihre 2-geschossige Wohnimmobilie ab. Der Versicherer garantiert, dass im Brandfall das Erdgeschoss vollständig ersetzt wird.

Die Entschädigungsquote für das Obergeschoss wird aber erst im Brandfall ermittelt.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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