Die bBU Collect Plus wirbt damit, eine Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Gesundheitsprüfung zu sein. Das kann unter Umständen klappen, birgt aber Gefahren.

Berufsunfähigkeitsversicherungen ohne Gesundheitsprüfung sind gefährlich

Die erste Gefahr betrifft das Kollektiv. Wenn ich einen Tarif offen für alle ohne Gesundheitsfragen anbiete, ist das vor allem für die interessant, die schon zu krank für eine andere Versicherung sind. Also gibt es in diesem Kollektiv mehr Leistungsfälle. Das lässt sich vermeiden, wenn die Bedingungen so schlecht sind, dass der Versicherer eh nie leisten muss. Kannst du so machen, spricht sich aber irgendwann rum. Empfiehlt sich also nicht.

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Sinnvoller ist es, ein ausreichend großes Kollektiv zu wählen und alle zu diesem Tarif zu verpflichten. Wenn ich eine Firma mit 100 Mitarbeitern habe, dann gibt es da genügend Gesunde und Kranke. Dann muss nur noch der Chef allen Mitarbeitern diese Versicherung spendieren und schon klappt das. Die Beiträge bleiben stabil, wenn immer wieder junge, neue Mitarbeiter eingestellt werden.

Letzteres ist wohl der Ansatz von bBU Collect Plus. Mal sehen, ob sich in den Bedingungen noch Hinweise finden, die die Leistungsverweigerung vereinfachen würden.

Die zweite Gefahr ist eher unterschwellig, aber halt doch vorhanden. Es gibt einfache Gesundheitsfragen, die in der Regel keine Hürde sein sollten. Allerdings ist eine eingebrachte BU niemals versichert. Wer also eine Krankheit hat, die erwartbar zu eine Berufsunfähigkeit führt, ist nicht versicherbar. Da wird es in Zukunft noch mehr Urteile in diese Richtung geben. Das wird dem Ruf der Branche dann auch nicht gerade gut tun…

Die AVB der bBU Collect Plus sind schwer lesbar

Während ich das hier schreibe, bin ich auf Seite 3 der AVB und hab schon irgendwie keine Lust mehr, weil ständig auf den Teil 10 verwiesen wird. Teil 10 ist sowas wie das Angebot.

Es gibt laut AVB eine vorübergehende und eine dauernde BU. Das zu lesen ist einigermaßen anstrengend, da eine BU per Definition dauerhaft ist. Vorübergehend wäre eine AU. Witzig ist, dass die AVB auf Seite 4 selbst von Arbeitsunfähigkeit sprechen. Aber sei es drum. Eine vorübergehende Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte für 12 Monate außerstande ist, seinen ausgeübten Beruf zu mindestens 50% auszuüben. Und das Ganze aufgrund eines Unfalls, einer Erkrankung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls.

Neue Begrifflichkeiten in der bBU Collect Plus sind nicht ungefährlich

Was mich an dieser Formulierung stört, mag kleinlich sein… Aber das hier ist mein Blog, da schreib ich auch mal Sachen, die ihr vielleicht anders seht 🙂 Also: Nicht ohne Grund verwenden alle Versicherer die gleichen Formulierungen. Es heißt „zuletzt ausgeübter Beruf“ und „Krankheit“ und „Körperverletzung“. Diese Begriffe wurden im heißen Feuer der Justiz über die letzten Jahrzehnte geschmiedet und in vielen Prozessen mit Bedeutung gefüllt. Wenn bBU Collect Plus davon abweicht, dann ist mit „Unfall“ wohl was anderes gemeint… Und tatsächlich ist der Unfall ja auch wieder ein definierter Begriff… inkl. Dauerschaden. Das könnte zu einer Menge Ärger führen. Muss aber nicht. Vielleicht waren die Verfasser der Bedingungen sich desser auch einfach nicht bewusst. Wäre auch kein Qualitätsmerkmal…

Prognoszeitraum von 12 Monaten

Der Prognosezeitraum von 12 Monaten ist zwar nicht Marktstandard, macht das Produkt aber günstiger. Das ist in meinen Augen ok. Muss ich dem Kunden halt erklären.

Nicht ok ist aber, dass die vorübergehende BU innerhalb von 12 Monaten eingetreten sein muss. Bei den Erkrankungen bedeutet das dann, dass ich nix bekomme, wenn ich erst im 13 Monat BU werde, nachdem bei mir Krebs diagnostiziert wurde. Außer Unfall und schnell fortschreitenden Erkrankungen ist also nix versichert…

Ich hoffe so sehr, dass hier einfach ein unfähiger Autor am Start war und der Assekuradeur das nicht so meint. Dafür spricht, dass auch der mehr als altersentsprechende Kräfteverfall innerhalb von 12 Monaten zur BU führen muss. Wie soll das denn bitteschön gehen?

UPDATE:

Im aktuellen Bedingungsstand sind die 12 Monate gestrichen. Es heißt jetzt, dass die Erkrankung innerhalb der Laufzeit der Police zutage treten und innerhalb der Laufzeit zu einer vorübergehenden BU führen muss. Das ist schon besser, aber nicht gut. Der Begriff „zutage treten“ ist nicht definiert. Was soll das bedeuten?

Angenommen, ich war vor drei Jahren beim Arzt wegen Bauchschmerzen und hab jetzt Darmkrebs. Waren die Bauchschmerzen dann ein Symptom und der Krebs ist somit vor drei Jahren zutage getreten?

Es wäre besser, wie hielten uns an die Begriffe, die schon ausgeurteilt und eindeutig sind.

Die Leistungsdauer der vorübergehenden BU kann ich frei wählen. Auch bis zum Renteneintritt. Dann ist die Leistung der dauernden BU nicht mehr wählbar.

NEUES UPDATE:

Jetzt muss die Erkrankung nicht innerhalb der Laufzeit der Police zutage treten, sondern sich manifestieren. Das ist ein schönes Fremdwort. Wörtlich aus dem Lateinischen würde es „handfest machen“ bedeuten. Es bedeutet aber halt unter anderem auch zutage treten. Ich kann nicht so genau einschätzen, ob das jetzt besser ist oder einfach nur schöner aussieht.

Ich finde aber gut, dass der Wille zur Verbesserung spürbar ist.

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Richtig heftig finde ich die jährliche Leistungsdynamik von 7% oder eben Verbraucherpreisindex. Was von beiden weniger ist. Das kann einer Versicherung schon mal das Genick brechen. Aber ok, wenn der Aktuar das für kalkulierbar hält 🙂 Ich bin ja keiner…

Was an der bBU Collect Plus wirklich spannend ist

So langsam dämmert mir, was an diesem Produkt spannend ist. Ich kann mich also bis zu 67. versichern, aber eine Leistungsdauer von z.B. 5 Jahren wählen. Diese beginnt nach Ablauf einer Karenzzeit, wenn ich eben BU bin. Sofern ich nach den 5 Jahren immer noch BU bin und auch nie mehr arbeiten kann, bin ich dauernd BU und erhalte eine Kapitalleistung. Wenn ich wieder gesund werde, habe ich zukünftig nicht mehr auf 5 Jahre oder was ich eben versichert habe, Anspruch, sondern nur noch auf die Restdauer. Ist ok, muss ich aber sagen.

Wenn ich in meinem ausgeübten Beruf noch was verdiene, wird die versicherte Rente um diesen Betrag gekürzt. Das ist hart und demotivierend. Aber ok, muss ich dem Kunden halt vorher sagen… Ich muss hier anscheinend so einiges dem Kunden erklären 🙂

Das Risiko lässt sich also durch Karenzzeit und verkürzte Laufzeit für den Versicherer übersichtlich gestalten. Aber auch für den Kunden kann es sinnvoll sein. Die ersten 6 Monate komm ich vielleicht mit Ersparnissen oder dem Krankengeld klar, sofern ich das bekomme. Und nach 5 Jahren hatte ich ausreichend Zeit, um umzuschulen oder eben nicht. Die Idee bekommt eine 1+. Das könnten Mitbewerber auch aus der Kollektivlösung rausnehmen und ins Einzelgeschäft packen.

Die „dauernde“ BU in der bBU Collect Plus

Aber kommen wir zur dauernden BU in der bBU Collect Plus. Dauernde Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn ich den gesamten Leistungszeitraum tatsächlich BU war und am Ende der Rentenzahlung keinerlei Aussicht auf Besserung besteht, welche ausreichend ist, um jemals wieder in meinem ausgeübten Beruf zu arbeiten. Naja, siehe oben. Was bedeutet „jemals“? „Dauerhaft“ wäre schon einigermaßen ausgeurteilt, aber „dauernd“ und „jemals“ eher nicht. Und wieder der ausgeübte Beruf. Zu diesem Zeitpunkt war ich ja schon durchgehend vorübergehend BU…

Was überhaupt nicht geht…

Bisher ist die bBU Collect Plus eine gute Idee, aber die Umsetzung eher so lala. Was aber überhaupt nicht geht ist dieser Satz:

„Die Leistungspflicht des Versicherers entfällt, sobald eines der nachstehenden Ereignisse eintritt:

[…]

3. Ab dem Tag, ab dem der Versicherungsnehmer nicht den Nachweis erbringt, dass er weiterhin nicht in der Lage ist, seinen unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Beruf zu 50% oder mehr auszuüben.“

Ob damit bewusst die Beweislastumkehr im Nachprüfungsverfahren ausgehebelt werden soll, kann ich nicht sagen. Aber es liest sich schon so. Wenn der Versicherer die BU einmal anerkannt hat, muss er von jetzt an beweisen, dass die BU nicht mehr vorliegt, um seine Leistung einzustellen. Hier steht, dass ich das nachweisen muss. Und wenn ich das nicht sofort kann, wir die Leistung eingestellt. Strenggenommen hab ich dazu einen Tag Zeit…

Möglicherweise spricht der Versicherer deswegen immer von der vorübergehenden BU. Auch die dauernde BU ist eine durchgehende vorübergehende BU. Und der §177 VVG gilt nur für dauerhafte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit.

Ich will hier aber nach wie vor lieber Unvermögen als Bosheit unterstellen.

Das geht so nicht und sollte ersatzlos gestrichen werden. Ist eh ungültig, weil halt doch irgendwie überraschend. Aber wenn es der Kunde nicht weiß oder keine Rechtsschutzversicherung hat… Einen Anwalt würde ich hier generell empfehlen…

Ungewöhnliche Ausschlüsse

Die Ausschlüsse sind auch so ein Kapitel für sich. Geschlechtskrankheiten sind ausgeschlossen, ab 0,8 Promille besteht kein Schutz und die bewusste Exponierung des Versicherungsnehmers in eine außergewöhnliche Gefahr, bei der jeder durchschnittliche, vernünftig denkende Mensch den Eintritt eines Körperschadens für nahezu zwangsläufig halten muss, ist auch nicht versichert. Würde ich mal wieder Fußball spielen, hielte ich einen Schaden für zwangsläufig… Das ist auch nicht so schön definiert…

Naja, ich mach es kurz: Unterm Strich bleibt hier nur eine gute Idee, die in der jetzigen Umsetzung nur schwer und in Ausnahmen vermittelbar ist. Die mir vorliegenden Unterlagen sind aus dem Jahr 2016. Neuere AVB wurden mir auf Anfrage nicht übermittelt. Sollte es einen neueren Vertragsstand geben, bitte an mich schicken! Danke! Ich persönlich warte auf die Nachbesserung, bevor ich das vermittle 🙂

Wer eine gut BUV will, kontaktiert mich einfach. Dankeschön!

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