Die Regelung der sogenannten (Arbeitsunfähigkeits-) AU-Klausel verspricht grundsätzlich einen einfacheren Zugang zur Leistung. Denn es muss keine Einschränkung der Berufsfähigkeit (BU) von mindestens 50% nachgewiesen werden. Gerade für Berufe mit geringer körperlicher Tätigkeit kann dies ein ausschlaggebendes Argument sein.

Die AU-Klausel bringt Vorteile

Ein weiterer Vorteil dieser Klausel wäre die Vereinfachung der Leistungsbeantragung. Wenn nicht haufenweise Fragebögen zu Beruf und Gesundheitszustand ausgefüllt werden müssen, sondern ganz einfach die Krankschreibungen von zusammenhängenden 6 Monaten eingereicht werden und so die Rentenzahlung ausgelöst wird, ist das eine deutliche Erleichterung des Zugangs zur Leistung. Ob die Klausel in diesen Punkten hält, was sie verspricht, muss anschließend genauer untersucht werden.

Die derzeit angebotenen Lösungen unterscheiden sich an der Oberfläche nur durch verschiedene Leistungsdauer und –höhe und versprechen Leistung der Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgrund von Arbeitsunfähigkeit. Oder eine gesonderte Leistung aus einem Baustein. Gleichzeitig wegen BU und AU leistet keiner am Markt.

In den Bedingungen finden sich allerdings noch weitere Unterschiede, die den Zugang zur Leistung mehr oder weniger erschweren und so die Qualität der Klausel entsprechend höher oder niedriger einzustufen ist.

Wie wird die Arbeitsunfähigkeit festgestellt?

Sofern der Versicherer den Begriff der Arbeitsunfähigkeit selbst definiert, kann er gegebenenfalls auch anhand seiner Definition das Vorliegen des Leistungsauslösers prüfen. Ist diese Definition zu ungenau, dann hat der Versicherer dementsprechend Interpretationsspielraum. Wird von der Gesellschaft in den Bedingungen erklärt, Arbeitsunfähigkeit liege vor, wenn die versicherte Person aufgrund von Krankheit ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausführen könne, sollte wenigstens noch geklärt werden, in welchem Umfang die Arbeitsunfähigkeit vorliegen muss. Ansonsten könnte der Versicherer auch dann die Leistung verweigern, wenn Krankschreibungen für sechs Monate vorliegen, aber eine hundertprozentige Arbeitsunfähigkeit noch nicht. Seit 2017 gibt es keinen Anbieter dieser Ausgestaltung der AU-Klausel mehr.

Die meisten Anbieter definieren den Begriff der Arbeitsunfähigkeit allerdings überhaupt nicht. Sie leisten bei Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung. Der umgangssprachliche „Gelbe Zettel“ oder „Gelbe Schein“. Hier muss unterschieden werden, ob eine Bescheinigung, wie sie in § 5 EntgFG vorgesehen ist, verlangt wird, eine Bescheinigung, die den Anforderungen des § 5 EntgFG entspricht oder ob ausdrücklich geregelt ist, dass bei Selbständigen, mitarbeitenden Betriebsinhabern und Beamten der entsprechende Nachweis gelte. Erste Formulierung ist im Zweifel nachteilig für die Gruppe der Selbständigen und Beamten, da sich § 5 EntgFG  nur auf Arbeitnehmer bezieht.

Muss ich einen Antrag auf Leistung wegen Berufsunfähigkeits-Versicherung stellen?

Auch wenn die AU-Klausel immer den Anschein eines vereinfachten Zuganges zur Leistung suggeriert, verlangen die meisten Anbieter eine formelle Antragsstellung auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Oder zumindest über die Mitwirkungspflichten des Versicherungsnehmers in den Bedingungen die Einreichung derselben Formulare wie bei Antragstellung auf BU-Rente.

Bekanntermaßen kommt ein großer Teil der Anträge auf BU-Renten deswegen nicht zur Leistung, weil der Antragsteller notwendigen Unterlagen nicht beibringt. Diese Hürde ist bei zwei Dritteln der Anbieter einer AU-Klausel in gleicher Weise zu nehmen.

Sind Arbeitsversuche eindeutig geregelt?

Ich muss auch darauf achten, dass die Arbeitsversuche gemäß § 74 SGB V eindeutig geregelt sind. Normalerweise liegen diese Wiedereingliederungsversuche zwar innerhalb des Zeitraumes, der durch den Gelben Schein gedeckt ist. Aber eine bedingungsseitig eindeutige Regelung ist dennoch wünschenswert.

Wie ist eine Prüfung der vorvertraglichen Anzeigepflicht in der AU-Klausel geregelt?

Das größte Problem der AU-Klausel liegt in der Überprüfbarkeit der vereinbarten Ausschlüsse und der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Der Gelbe Zettel darf nämlich aus Datenschutzgründen keine Diagnose oder Krankheitsbilder angeben. Deshalb kann der Versicherer die Werbeversprechen grundsätzlich nicht einzulösen. Für diejenigen, die von vornherein nicht auf die Antragstellung einer BU-Rente verzichten, ergibt sich hier auch kein weiteres Problem. Die volle Prüfung  findet sowieso statt. Deswegen sollen hier nur die Lösungen der drei Anbieter geprüft werden, die auf Antragstellung der BU-Rente verzichten.

Bedingungsgemäß weniger gut gelöst ist es, wenn der Versicherer erklärt, dass er berechtigt sei, eine Prüfung wegen Berufsunfähigkeit durchzuführen. Sauberer ist die Lösung, die zusätzlich zum Gelben Schein noch eine Diagnose verlangt. So ist eine grobe Überprüfung der Ausschlüsse und der vorvertraglichen Anzeigepflicht möglich.

In der Regulierungspraxis verzichten diese Anbieter wahrscheinlich sogar auf eine strenge Prüfung. Der Leistungszeitraum und damit die Höhe der zu bildenden Rückstellungen rechtfertigen eher nicht den Aufwand.

Vorsicht bei vorhandener Krankentagegeld-Versicherung!

Unabhängig von den einzelnen Regelungen in den Bedingungen müssen aber vor allem Selbständige, die eine private Krankentagegeld-Versicherung abgeschlossen haben, prüfen, inwieweit eine Leistung aus einer AU-Klausel als „sonstiges Krankengeld“ nach § 4 Nr. 2 MB/KT anzusehen ist und somit anzurechnen wäre. Sollte der Krankentagegeld-Versicherer diese Ansicht teilen, ist es zu überlegen, ob nicht sinnvoller eine Versicherung zu wählen wäre, die nur 30% bei Krankschreibung leistet, um nicht inklusive der Leistung aus der Krankentagegeld-Versicherung über das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten 12 Monate zu kommen. Genaueres finden Sie dazu hier.

Eine Abschließende Rechtsprechung gibt es hierzu noch nicht. Dennoch empfiehlt es sich, auch in Hinblick auf § 9 Nr. 6 MB/KT, den Abschluss bei der bestehenden Krankentagegeld-Versicherung zu melden. So lässt sich Ärger im Nachhinein vermeiden.

Grundsätzlich kann die ergänzende AU-Klausel eine wichtige Leistungsverbesserung zur Arbeitskraft-Absicherung sein. Man sollte vor Abschluss aber neben den Bedingungen auch unbedingt seine eigenen Erwartungen an den Versicherungsschutz prüfen. Nur so lässt sich abschließend beurteilen, ob die Klausel im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist oder nicht.