Die Grundfähigkeits-Versicherung ist so ziemlich das neueste Produkt zur Arbeitskraft-Absicherung. Die GFV zahlt eine monatliche Rente, wenn ich Sinne oder Grundfähigkeiten verloren habe. So einfach ist das. Naja, ist es nicht. Kommt auf die Bedingungen an. Die erkläre ich aber später. Jetzt schauen wir uns erstmal an, wer eine Grundfähigkeits-Versicherung brauchen kann.

Wer braucht unbedingt eine Grundfähigkeits-Versicherung?

Das ist leicht beantwortet: Kein Mensch braucht unbedingt eine GFV. Aber bitte jetzt weiterlesen, ok? Sie kann schon sinnvoll angewandt werden. Das Problem ist, dass sie nicht das Einkommen absichert. Oder nur sehr eingeschränkt und wenn ich weiß, wie das geht. Dazu später noch etwas mehr 🙂

Grundsätzlich sichert sie den Verlust von Sinnen und Grundfähigkeiten ab. Also, die finanziellen Folgen des Verlusts. Meine zusätzlichen Ausgaben.

Nehmen wir mal mich, Philip Wenzel, als Beispiel. Ich kann plötzlich aufgrund einer gesundheitlichen Einschränkung meine Arme nicht mehr gebrauchen. Solange ich noch tippen kann, ist alles ok. Ich kann weiterhin Geld verdienen. Ich kann aber nicht mehr im Garten arbeiten, im Haushalt helfen (Buhu! ;-)), Sport machen oder mit meinen Töchtern spielen. Mit einer GFV könnte ich mir einen Gärtner und eine Haushaltshilfe leisten. Diese Kosten kann ich über eine GFV abdecken. Da ich aber weiterhin Geld verdiene, bin ich evtl. sogar überversichert. Das ist nicht schlimm, aber nicht notwendig. Versicherungen sollten immer nur wirklich notwendige, existenzielle Risiken absichern.

Bezug zum Einkommen nicht vorhanden

Angenommen, ich würde blind. Ich könnte kein Geld mehr verdienen und wäre auch im Alltag eingeschränkt. Die GFV würde leisten. Alles ist gut. Ich bin blind, was eher schlecht ist, aber finanziell ist alles gut. Ich ich bekomme eine Rentenleistung und muss nicht unbedingt arbeiten.

Angenommen ich hätte eine schwere Depression. Ich könnte kein Geld mehr verdienen, würde aber aus der Grundfähigkeits-Versicherung keine Rente bekommen. Denn psychische Erkrankungen sind erst dann mitversichert, wenn diese zu einer Pflegebedürftigkeit bzw. dazu führen, dass ich einen Betreuer zugeteilt bekomme. Das wäre doof. Auch finanziell.

Das Problem ist also: In welcher Höhe sollte ich nun die versicherte Rente abschließen? Für den Fall, dass ich weiter Geld verdiene oder für den Fall, dass ich keines mehr verdiene? Und was ist mit dem Risiko der psychischen Erkrankungen? Das bestünde ja so oder so…

Die Grundfähigkeits-Versicherung ist ein Ergänzungs- oder Ausweichprodukt

Was bei dem Beispiel klar wird: die GFV ist keine Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie ist ein Ergänzungsprodukt, wenn ich meine Einschränkungen in der Freizeit finanziell absichern möchte. Als Einkommens-Absicherung ist die GFV maximal eine Notlösung, ein Ausweichprodukt. Wenn ich mir richtig doll Mühe gebe, kann das aber trotzdem funktionieren. Und zwar so:

  1. Tätigkeitsbeschreibung verfassen: Ich muss einen Plan erstellen, welche Sinne und Grundfähigkeiten ich bei der Arbeit so brauche. Das schreibe ich dann in Zeiträumen auf, bis mein Arbeitstag voll ist. Da steht dann z.B., dass ich 3 Stunden kniend arbeite und 2 Stunden Sachen hebe und trage.
  2. Bedingungen vergleichen: Entweder ich rufe mich an oder ich nehme mir alle Bedingungen der am Markt erhältlichen Grundfähigkeits-Versicherungen, erstelle eine Excel-Tabelle, in der ich alle Leistungsauslöser vergleichen und bewerten kann und nehme dann die Punkte als oberste Priorität, die in meiner Tätigkeitsbeschreibung (siehe Punkt 1) den höchsten Zeitwert haben.
  3. Risiko abwägen: Wie wahrscheinlich ist der Verlust eines Sinnes oder einer Grundfähigkeit? Um wie viel ist die GFV günstiger als eine Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeits-Versicherung? Psychische Erkrankungen sind nicht mitversichert. Da das Risiko aber recht hoch ist, muss auch die Beitragsersparnis entsprechend hoch sein. Sonst ergibt es keinen Sinn eine Grundfähigkeits-Versicherung als Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen.

Psyche ist teilweise eben doch versichert

Die wenigsten Grundfähigkeits-Versicherungen schließen psychische Erkrankungen generell aus. Über den Leistungsbaustein, der bei Pflegebedürftigkeit leistet, sind psychische Erkrankungen wieder eingeschlossen. Allerdings muss ich pflegebedürftig werden. Das ist schon recht heftig. Aber eben nicht unmöglich. Eine starke Selbst- oder Fremdgefährdung würde z.B. eine Leistung bedingen.

Die Bayerische, die Dortmunder, die Swiss Life und die Nürnberger bieten einen Zusatz-Baustein zu psychischen Erkrankungen an. Richtig empfehlen kann ich da aber nur den der Nürnberger Versicherung. Der leistet, wenn ich aufgrund einer psychischen Erkrankung erwerbsgemindert bin. Das kommt der Leistung aus der BUV ziemlich nahe. Denn wenn ich wegen einer psychischen Erkrankung nicht mehr in meinem Beruf arbeiten kann, kann ich für gewöhnlich in keinem anderen Beruf mehr arbeiten.

Die anderen Versicherer leisten nur bei schwerer Depression und Schizophrenie.

Was kann die Grundfähigkeits-Versicherung?

Das wird hier nur in aller Kürze besprochen. Einen ausführlichen Vergleich aller GFV am Markt gibt es hier.

Die Grundfähigkeits-Versicherung leistet, wenn ich für 12 Monate einen Sinn oder eine Grundfähigkeit verliere oder in dieser entsprechend eingeschränkt bin, eine Rente in vereinbarter Höhe. Es wird nix angerechnet und es gibt im Leistungsfall auch keine Möglichkeit des Versicherers, eine Angemessenheit zu prüfen. Bei Vertragsabschluss prüft der Versicherer eine wirtschaftliche Angemessenheit. Das ist einigermaßen sinnlos, weil die Grundfähigkeit nicht im Verhältnis zum Einkommen oder meinem Job stehen.  Aber naja…

Mittlerweile gibt es einige Versicherer, die schon nach 6 Monaten leisten. Das ist unbedingt vorzuziehen. Wahrscheinlich verliere ich eine Grundfähigkeit für immer. Aber z.B. nach einem Schlaganfall kann es schon vorkommen, dass ich nach 9 Monaten wieder fit bin. Da gäbe es einmal 9 Monatsrenten und das andere mal nix.

Welche Grundfähigkeiten sind versichert?

Die Grundfähigkeiten sind dann wieder sehr verschieden. Bitte im Vergleich nachlesen. Grundsätzlich sind die Sinne Hören, Sehen, Sprechen versichert und dann das Gehen, Stehen, Sitzen, Hände, Arme, Knien und Bücken und meistens auch das Autofahren. Das Autofahren ist besonders hervorzuheben, weil es eine ganze Menge anderer Auslöser abdeckt. Ich muss z.B. schon lange bevor ich so blind bin, wie es der Verlust des Sehsinnes verlangen würde, den Führerschein abgeben.

Darüber hinaus gibt es mittlerweile ein paar zielgruppenorientierte Klauseln. Besonders sinnvoll ist die LKW-Klausel der Nürnberger. Hier erhalte ich meine Rente bereits, wenn ich meine Fahrlizenz als Berufskraftfahrer verliere. Das ist für alle Bus- oder LKW-Fahrer schon fast eine BUV.

Die Bayerische hat den Auslöser Mobilität, der leistet, wenn ich nicht mehr Fahrradfahren oder ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen kann. Das ist auch nicht schlecht, aber eher vertrieblich sinnvoll. Der Kunde kann sich hier halt eher was vorstellen, als bei den anderen Auslösern.

Unterm Strich

Unterm Strich ist die Grundfähigkeits-Versicherung eben keine Alternative zur Einkommens-Absicherung. Ich kann damit maximal Teilbereiche meiner alltäglichen Tätigkeiten in der Arbeit abdecken. Ich muss dann eben einschätzen, welches Risiko ich absichern möchte und worauf ich bereit bin zu verzichten, um die Prämie einsparen zu können.

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