Die große Besonderheit des Versicherungsmaklers oder Versicherungsberaters besteht darin, für den Kunden am gesamten Markt die passende Versicherung zu finden.

Einfach gesprochen, lassen sich die Produkte der verschiedenen Anbieter an zwei Merkmalen vergleichen: Was kostet es und wann bekomme ich Geld. Letzteres wird im Bereich der Absicherung biometrischer Risiken immer schwieriger, denn es fehlen in vielen neuen Produktlösungen die allgemein gültigen Definitionen.

Die passende Versicherung zu finden, setzt Vergleichbarkeit voraus

Vorbildlich ist das bei der Berufsunfähigkeits-, der Erwerbsunfähigkeits- und der Unfall-Versicherung gelöst. Es gibt eine Definition, die überall (mehr oder weniger) gleich ist. Weicht die Definition ab, dann ist das eher die Ausnahme. Insgesamt lässt sich hier der Markt aber doch recht transparent vergleichen. So ist es möglich, die passende Versicherung zu ermitteln.

Schwierig wird es hier nur durch die zusätzlichen Auslöser. Eine BUV und mittlerweile auch EUV, die nur nach deren grundlegenden Definition leistet, also wenn man im zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er in gesunden Tagen ausgestaltet war, nicht mehr zu 50% arbeiten kann oder eben bei der EUV, wenn es nicht mehr möglich ist in irgendeinem Beruf des allgemeinen Arbeitsmarkts 3 Stunden täglich einer Tätigkeit nachzugehen, und sonst nicht, gibt es nicht.

Unterschiedliche Definition der Pflegebedürftigkeit in der BUV

Die meisten, wenn nicht sogar alle Anbieter einer Berufsunfähigkeits-Versicherung oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung leisten auch, wenn Pflegebedürftigkeit vorliegt. Und hier beginnen die Definitionen auseinander zugehen und die Vergleichbarkeit schwindet. Der Versicherer leistet, wenn ich 1, 2 oder 3 Tätigkeiten aus einem Katalog von 6, 5 oder 4 Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Wieder andere leisten, wenn mindestens Pflegegrad 2 nach SGB vorliegt.

Und manche leisten bei Pflegebedürftigkeit ein Leben lang. Unter gewissen Voraussetzungen. Hier einen Standard zu setzen, wäre einfach. Geleistet wird, wenn der MDK Pflegebedürftigkeit feststellt. Punkt. Aber für Versicherer ist es schwierig kalkulierbar, die Entscheidung Dritter zu übernehmen.

Bei der selbständigen Pflegeversicherung ist eine zusätzliche Leistung über die sogenannten Aktivitäten des täglichen Lebens wünschenswert, da diese Absicherung die finanzielle Belastung einer Pflegebedürftigkeit ein Leben lang ausgleichen soll, unabhängig vom Beruf. Als Zusatz zur Berufsunfähigkeit ist generell zu prüfen, in welchen Fällen eine Pflegebedürftigkeit vorläge, aber die zuletzt ausgeübte Tätigkeit noch zu 50% durchgeführt werden könnte. Normalerweise bin ich deutlich früher BU als pflegebedürftig. Bei der Erwerbsunfähigkeits-Versicherung ist das schon eher denkbar.

Definition der Arbeitsunfähigkeit ist kompliziert…

Schwieriger zu definieren ist anscheinend der Begriff der Arbeitsunfähigkeit. Dieser findet sich bei immer mehr Anbietern in der sogenannten AU-Klausel. Auch bei Vermittlern steigt sie in der Beliebtheit. Zwar ist Arbeitsunfähigkeit nicht wie die Pflegebedürftigkeit durch das Sozialgesetzbuch bestimmt, allerdings hat sich durch die geltende Rechtsprechung eine allgemein gültige Definition etabliert. Arbeitsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ohne eine Verschlechterung seines Zustandes zu riskieren. So einfach diese Definition ist, so schwierig wäre sie durch einen Versicherer rechtlich einwandfrei zu prüfen. Denn ein Grad der Arbeitsunfähigkeit ist nicht genannt.

…aber einfach zu lösen

Die Anbieter umgehen diese Schwierigkeit dadurch, dass sie sich bedingungsgemäß an die Entscheidung des Arztes, also die offizielle Krankschreibung, hängen. In der Regulierungspraxis verfahren derzeit alle Anbieter so. Dadurch entsteht allerdings eine weitere Schwierigkeit. Denn anhand einer Krankschreibung kann der Versicherer nicht die vorvertragliche Anzeigepflicht prüfen.

Idealerweise würde also ein Versicherer bei Vorlage des sogenannten Gelben Scheins leisten, wenn die dazugehörige Diagnose beiläge, um die vorvertragliche Anzeigepflicht zumindest grob prüfen zu können.

Ein gutes Viertel aller Anbieter macht es so.

Die AU-Klausel gibt es in ihrer jetzigen Ausbreitung noch nicht lange. Deshalb ist noch abzuwarten, ob und wie sich eine allgemeingültige Definition durchsetzen wird. Im Moment sieht es danach aus, dass sich zwei Lager bilden. Die einen verlangen eine gleichzeitige Beantragung der Leistung aus der BUV. So hat der Versicherer die Möglichkeit, die vorvertragliche Anzeigepflicht zu prüfen. Die anderen verlangen eine Diagnose und verzichten auf die gleichzeitige Beantragung der Leistung aus der BUV. Letzteres gefällt mir besser, weil ich so keine vertraglichen Obliegenheiten verletzen kann, die sich auf die Beantragung der BU-Leistung beziehen.

Die passende Versicherung gegen schwere Krankheiten

Ebenfalls relativ jung und bisher auch am Rande des Marktes beheimatet sind die sogenannten Dread Disease-Policen oder Schwere Krankheiten-Absicherungen. Die verschiedenen Anbieter legen anscheinend besonders großen Wert auf die Menge der abgesicherten Krankheiten. Eine Vergleichbarkeit des angebotenen Leistungsumfangs ist einem Laien unmöglich und auch einem interessierten Versicherungsexperten nicht einfach. Selbst wenn es gelingt, die verschiedenen Grade der versicherten Erkrankungen gegeneinander abzuwägen, so kann nur sehr schwer entschieden werden, bei welcher Krankheit der Kunde nun auf die bessere Definition Wert legen solle und bei welcher eine schlechtere Definition in Kauf genommen werden könne.

Für den Vermittler im Zweifelsfall sicherlich eine Haftungsfrage. Er muss nachvollziehbar darlegen, weshalb die eine Versicherung der anderen vorgezogen wurde. Es wäre für eine bessere Vergleichbarkeit unbedingt notwendig, wenn die Versicherer sich bei den Definitionen der einzelnen Krankheiten auf einen verbindlichen Leistungsauslöser einigen würden. Also beispielsweise und stark vereinfacht gesprochen Krebs ab Stadium 2. In der Menge und im Detail ist immer noch genügend Raum, um sich von den Mitbewerbern abzuheben.

Grundfähigkeits-Versicherungen kaum vergleichbar

Am deutlichsten ist aber derzeit die verlorene Vergleichbarkeit bei den Versicherungen gegen den Verlust der Grundfähigkeiten zu beobachten. Hier sind die Voraussetzungen für einen Standard grundsätzlich gut. Anders als bei den Schweren Krankheiten hat sich hier der Markt im Groben auf die gleiche Anzahl an Grundfähigkeiten geeinigt. Neben den Sinnen Sehen, Hören und Sprechen (manchmal noch Intellekt und eigenständiges Handeln) gibt es die Grundfähigkeiten Gehen, Stehen, Knien und Bücken, Treppensteigen, Arme, Hände und Autofahren. Die passende Versicherung ließe sich also durchaus ermitteln.

Sinne sind überprüfbar

Die Leistungsfähigkeit der Sinne Hören und Sehen sowie des Intellekts wird zwar unterschiedlich, aber wenigstens nach objektiv nachprüfbaren Messverfahren ermittelt. Schon bei der Sprachfähigkeit beginnen die Definitionen undeutlich und subjektiv zu werden. Dass Kommunikation grundsätzlich kompliziert ist, ist bekannt. Das liegt daran, dass der Sender der Botschaft und der Empfänger derselben in der Lage sein müssen, einander zu verstehen. Wenn also jemand seine Sprachfähigkeit zu einem großen Teil einbüßt, werden seine Angehörigen ihn dennoch verstehen, während Außenstehende das nicht mehr können.

Für eine möglichst objektive Definition dieses Leistungsauslösers bedarf es deswegen neben dem definierten Umfang der Einschränkung der Sprachfähigkeit auch einen definierten Umfang der Botschaft und einen definierten Empfänger. Eine mögliche Definition wäre demnach z.B. nicht in der Lage sein, sich einem Unbekannten gleicher Muttersprache verständlich mit Namen vorzustellen. Das wäre zwar je nach Name verschieden kompliziert. Jedoch darf man grundsätzlich davon ausgehen, dass der eigene Name zu den Wörtern gehört, die ein Mensch am ehesten aussprechen kann.

Grundfähigkeiten müssten einheitlich definiert sein

Bei den anderen Grundfähigkeiten ist eine allgemein gültige Definition ebenso vorstellbar. Dabei ist es aber wichtig, dass neben der auszuübenden Tätigkeit auch ein zeitlicher Rahmen definiert wird. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn generell jede erforderliche Tätigkeit nur unter angemessener Anstrengung verlangt werden würde. Diese wäre zwar nur subjektiv durch den Begutachter einzuschätzen, sollte aber dennoch in die Bewertung einfließen.

Im Falle der Grundfähigkeit Gehen könnte der Bedingungspunkt folgendermaßen beschrieben sein: Die vereinbarte Leistung wird fällig, wenn es unter angemessener Anstrengung nicht möglich ist, auf einer Tartan-Bahn x Meter innerhalb von x Minuten auf beiden Beinen gehend zurückzulegen. Hilfsmittel wie Prothesen oder Krücken sind (nicht) zu benutzen.

Gebrauch der Hände besonders schwer zu definieren

Besonders schwer fällt es den Versicherern derzeit, den Gebrauch der Hände objektiv nachprüfbar zu definieren. Hier ist es notwendig zum einen diese Grundfähigkeit über die Kraft zu definieren und zum anderen über die feinmotorischen Fähigkeiten. Um die Kraft der Hände bestimmen zu können, muss der Versicherer als erstes festlegen, bei welcher Tätigkeit der Hand er den Kraftaufwand messen will. Drehbewegungen müssen anders gemessen werden als Hebe- oder Ziehbewegungen. Die große Auswahl an Möglichkeiten müsste durch einen Standard auf zwei oder drei Testverfahren eingeschränkt werden.

Genauso verhält es sich bei der Feinmotorik. Auch hier gibt es verschiedene Ausprägungen, wie z.B. den Pinzetten-Griff beim Aufheben kleiner Gegenstände oder eine ruhige Hand beim Schreiben. Eine Möglichkeit wäre es, einen Kreis mit dem Durchmesser x cm in x Minuten mit einem Bleistift unter angemessener Anstrengung ausmalen zu lassen. Das Ergebnis darf nur um x % von dem der gesunden Kontroll-Gruppe abweichen. Eine andere Möglichkeit wäre, innerhalb von x Sekunden einen einzelnen Schlüssel-Rohling mit einer Hand von einer Tischplatte aufzuheben, einhändig in ein verschlossenes Türschloss einzuführen und dieses einhändig zu öffnen.

Neue sinnvolle Grundfähigkeiten erschweren den Vergleich

Da der Markt vom Verkauf lebt, ist es klar, dass die Grundfähigkeits-Versicherung zielgruppenorientierter werden musste. Die neuesten Auslöser sind der Fahrlizenz-Verlust für Berufskraftfahrer, die Infektionsklausel für alle medizinischen und gastronomischen Berufe und die sogenannte Mobilitäts-Klausel, die das Fahrradfahren und das Fahren mit dem öffentlichen Nahverkehr absichert.

Den aktuellen Vergleich aller am Markt erhältlichen Tarife finden Sie hier.

Unterm Strich

Grundsätzlich ist es unwichtig, wie die genaue Definition dann aussieht, solange diese einigermaßen intersubjektiv nachprüfbar ist und neben der Fähigkeit an sich auch Zeit und Anstrengung berücksichtigt. So wäre eine passende Versicherung auch über Produkte hinweg überprüfbar.

Wichtig wäre für den Kunden und den Vermittler, wenn sich alle Versicherer auf eine Definition einigen würden. Wahrscheinlich ist die extrem schwere Vergleichbarkeit einer der Gründe, wieso sich diese Produkte nur verhalten am Markt etablieren.

Es ist aus Sicht des Versicherers dennoch verständlich, dass er versucht, sich vom Markt abzuheben. Das geht über einen größeren Leistungsumfang oder schnelleren Leistungszugang am einfachsten. Allerdings sollte das nicht auf Kosten der Vergleichbarkeit gehen. Marktstandards bei den Grundfähigkeiten, den Schweren Krankheiten und der Arbeitsunfähigkeit sind unbedingt notwendig. Ohne eine marktdurchdringende Vergleichbarkeit lassen sich diese Produkte nie zur Berufsunfähigkeits-Versicherung einordnen. Ein Preis-/Leistungsverhältnis lässt sich nicht vergleichen, dass dem Kunden Vorteile und Risiken transparent aufzeigt. Die passende Versicherung der Arbeitskraft ist deshalb nur mit der Hilfe eines Experten sinnvoll möglich.